Zwischen Donauwellen & Weihnachtsplätzchen

Mein neuer Eintrag hat etwas auf sich warten lassen, aber hier haben sich Alltag und Gewohnheit eingeschlichen.

Zehn Wochen  bin ich nun schon unterwegs. 

Ich weiß, ich betone dies in jedem Eintrag, aber es ist einfach nur der Wahnsinn, wie die Zeit fliegt!

Auch beim Zwerg und mir ist der Alltag eingekehrt und die Zuneigung wächst von Tag zu Tag.

Nun ist für Mama die Trennung am Morgen schlimmer.

Während Mama gerne eine dicke Umarmung und einen Kuss hätte, wird sie von Stella meist nur mit einem kurzen ''Bye''  und einem Winken abgespeist.

Montag, Mittwoch und Donnerstag besuchen wir gemeinsam die Spielgruppe.

Eine Spielgruppe ist vergleichbar mit den Kindergärten in der Heimat.

Es ist jedoch kostenfrei; die Eltern beaufsichtigen die Kinder und es ist nur von 9 Uhr bis 11 Uhr geöffnet.

Stella liebt es.

Dort kann sie die meiste Zeit draußen spielen, weil alles mit großen Sonnensegeln abgeschirmt ist, damit es nicht zu schnell zu heiß wird.

Um 10:30 Uhr gibt es einen kleinen kostenlosen Snack und danach wird oft noch gemeinsam gesungen. 

Absolutes Highlight: Kleine Stempel auf den Handrücken am Ende!

Wenn wir wieder zuhause ankommen, essen wir noch zu Mittag und schon ist Siesta angesagt.

An den anderen Tagen verbringen wir unsere Zeit im Haus.

Wir backen auch gemeinsam. Weihnachtskekse. Bei über 30 Grad. 

Naja. Ich habe versucht, sie auszustechen und Stella hat den Teig gegessen.

Im Endeffekt haben sie keine zwei Tage überlebt, da waren sie alle schon aufgegessen.

So lange es uns möglich ist, verbringen wir die Zeit draußen, spielen mit Wasser oder sie fährt mit ihrem Bobby Car umher.

Oder ich muss Seifenblasen machen, die sie jagen und zum platzen bringen kann.

Wobei Stella augenscheinlich im falschen Land geboren wurde.

Warum?

Sie hasst jegliche Art von kleinen Tieren.

Entdeckt sie eines, fängt sie sofort an zu weinen und springt auf einen Stuhl oder auf einen sich in der Nähe befindlichen Schoß.

Nach einer sehr schrecklichen Begegnung mit einem Riesen-Grashüpfer (ca. 5 cm, braun, auf ihrem Fahrrad sitzend), entdeckt sie nun in jedem Stein, in jedem Blatt und im Licht, welches sich im Wasser spiegelt, ein Tier, das sie laut aufschreien lässt.

Das geht so weit, dass sie beim alleine spielen angsterfüllt auf einen Stuhl sprang und wie gelähmt dort sitzen blieb bis sie jemand rettete.

Hoffentlich begegnet sie nie einer australischen Spinne.


Ich habe ein anderes Au - Pair kennen gelernt, Erica aus Amerika.

Wir haben uns auf einen Kaffee verabredet und sind danach noch in einer Bar hängen geblieben.

Die Bars, in die man hier gehen kann, haben aber nur bis 24 Uhr geöffnet.

Waren dann auch nochmal gemeinsam im Kino.

Außerdem sehen wir uns immer in der Spielgruppe, die sie auch mit "ihrem" kleinen Jungen besucht.

Obwohl hier in Hedland 25 Au - Pair - Mädchen herumirren sollen, haben wir beide bisher nur uns getroffen.

Kaum dass wir das ausgesprochen haben, treffe ich in der Spielgruppe zwei neue Mädchen.

Schon beim Betreten der Gruppe ahne ich: "Deutsche!".

Und was soll ich sagen? Ich hatte recht.

Ob man mir das auch ansieht? Dass ich aus Deutschland komme? 

Ich hoffe nicht.

Zumindest nicht so extrem.

Bin das erste Mal auf mein ''Deutschsein'' angesprochen worden, genauer gesagt auf die deutsche Geschichte.

Ich wurde von einer Australierin gefragt, ob es stimmen würde, dass man in Deutschland nicht über den II. Weltkrieg und den Holocaust sprechen würde.

Denn das würde hier an den Schulen unterrichtet: dass die dunklen Kapitel der deutschen Vergangenheit ein Tabu-Thema sei, über das man in Deutschland nicht sprechen dürfe.

Auf die Antwort, dass es einen das ganze Leben begleitet und man sich in der Schule schon früh damit auseinandersetzen muss, wird überrascht und beeindruckt reagiert.

Schockierend dann die Erkenntnis für mich:

Was wissen wir Deutschen eigentlich über die australische Geschichte?

Um ehrlich zu sein: Nichts.

In der Schule eher untypisch, sich mit der fremden, außereuropäischen Geschichte auseinanderzusetzen.



Meine sechs Wochen sind fast vorbei und ich habe die ganze Familie fest in mein Herz geschlossen.

Mir graut es schon vor dem Abschied am Mittwoch.

Als kleines Dankeschön wollte ich zunächst etwas kochen; um genau zu sein mein Lieblingsgericht ''Omas Pfanne'' (für alle Unwissenden: Putenbrust, Curry, Pfirsiche und Reis).

Aber warme Früchte sind ja doch nicht jedermanns Sache. 

Also die Idee wieder verworfen.

Pizzasuppe? 

Auch verworfen, denn meiner Meinung schmeckt das Gehackte hier sehr merkwürdig und ob die Fleisch essenden Australier eine Suppe als ganzes Gericht akzeptieren würden, weiß ich auch nicht.

Schließlich habe ich mich -im regen Austausch mit Mama- für Kuchen entschieden. 

Donauwellen, mein Lieblingskuchen. 

Heißt erstmal: heimlich einkaufen und heimlich backen.

Problem: frische Hühnereier gibt es üblicherweise von den Großeltern.

Also muss ich auf diese warten, nur leider sind die Großeltern nicht bei jedem Besuch anzutreffen.

Nach gefühlten Wochen können wir endlich ein paar Eier abstauben, Stellas Dad bringt sie mit.

Am nächsten Morgen -ich will heute ans (Back-) Werk gehen- der Schock!

Matt hat am Vorabend vergessen, das Paket mit den Eiern aus dem Auto zu holen und mit zur Arbeit genommen.

Also wird er morgens um 7:00 Uhr von Jess, Stellas Mummy, Frau zurückbeordert. "Die Mädels wollen heute kochen''.

Tatsächlich bringt er das Paket vorbei und wir zwei können anfangen, zu backen.

Ähnlich wie beim Keksebacken ist der Zwerg hauptsächlich damit beschäftigt, den Teig zu verschlingen.

Die Sauerkirschen spuckt sie aber direkt wieder aus. 

Nachdem wir den Kuchen in den Backofen geschoben haben, holt sie ihr Kissen und ihr ''Heiatuch'' (ständige Begleiter) und wir zwei platzieren uns vor dem Backofen und schauen dem Kuchen beim Garen zu.

Danach haben wir noch Engelsaugen gebacken.

Kugeln geformt und sie danach verschlungen.

Das war ein Spaß!

Jess hat sich sehr gefreut und isst jeden Tag ein Stückchen Kuchen.

Ich habe eine Kleinigkeit geschenkt bekommen.

Ein Fotoalbum. Für meine ganzen Abenteuer. Ein kleines Fläschchen mit rotem Sand von hier. Lindt (!!) Schokolade. Einen Stift und eine Karte, in die Stella ein Bild gemalt hat.


Am Mittwoch geht es für mich wieder an die Ostküste, nach Cairns.

Dort bleibe ich bis zum 18. Dezember und fliege über die Weihnachtstage nach Brisbane.

Am 27. Dezember geht es dann runter nach Sydney, wo ich Jessi und Lisa (die Mädels aus Singapur) wiedertreffen werde!

Wie Ihr merkt, habe ich einen straffen Zeitplan, aber mein Abenteuer ''Australien'' ist ja auch schon fast wieder vorbei. 

So fühlt es sich auf jeden Fall an.

Mama hat mich beim letzten Telefonat gefragt ob ich mir vorstellen könnte, hier zu leben.

In South Hedland nicht, aber in Australien definitiv!
Die Menschen sind einfach so freundlich und aufgeschlossen. Das beeindruckt mich jeden Tag aufs Neue!